Deutsche Studie sieht „dringenden“ Bedarf an klaren Regeln für Cannabinoide

Während Cannabinoide unter medizinischer Aufsicht ein großes therapeutisches Potenzial haben, ist ein klarer rechtlicher Rahmen zur vollständigen Etablierung eindeutiger Regelungen dringend erforderlich, so eine aktuelle Studie, die sich mit dem Einsatz medizinischer Cannabinoide beschäftigt.

Die Studie, Cannabis-Report 2020, wurde gemeinsam von der Betriebskrankenkasse Mobil Oil und dem Forschungszentrum SOCIUM der Universität Bremen erstellt.

‚Kein Wundermittel‘

„Medizinische Cannabinoide sind kein Wundermittel, aber sie gewinnen im Therapiealltag als ergänzende Behandlung immer mehr an Bedeutung“, heißt es in der Studie in einer Einleitung. „In der wissenschaftlichen Literatur gibt es zahlreiche Hinweise, dass Cannabinoide bei verschiedenen Beschwerden oder Krankheiten eingesetzt werden könnten.“

Die Kategorie der medizinischen Cannaboide umfasst vor allem medizinisches Marihuana und CBD in pharmazeutischer Qualität, Produkte, die in Deutschland nur auf Rezept erhältlich sind.

In Anbetracht der steigenden Nachfrage nach Medikamenten auf Cannabisbasis sollten laut dem Bericht fehlende Richtlinien für Dosierung und Darreichungsformen, die Beschränkung der Verschreibungserlaubnis auf Fachärzte und andere Hindernisse angegangen werden. Auch sollte „eine dringend überfällige Nutzenbewertung des gesamten Anwendungsspektrums von Cannabis so schnell wie möglich nachgeholt werden“, sagte Gerd Glaeske von der Universität Bremen, der die Studie leitete, die aus bestehenden Berichten, Expertenmeinungen und anderen Daten erstellt wurde.

‚Großes Potenzial‘

„Als gesetzliche Krankenkasse sehen wir auch ein großes Potenzial darin, neue Therapiemöglichkeiten, wie zum Beispiel mit Cannabinoiden, als sinnvolle Ergänzung zur Basistherapie zu fördern, sofern sie bei schwerwiegenden Erkrankungen von Fachärzten verordnet werden“, sagte Mario Heise, Vorstandsvorsitzender der BKK Mobil Oil, in einer Pressemitteilung zu den Ergebnissen der Studie.

„Aufgrund der kontroversen Diskussionen sind wir sehr daran interessiert, das Thema genauer und vor allem aus wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten“, so Heise.

Die ärztliche Verschreibung von Cannabinoiden ist in Deutschland seit der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes 2017 möglich. Seitdem hat sich das Angebot an cannabishaltigen Medizinprodukten rasant ausgeweitet, so Glaeske, wobei die Ausgaben für solche Therapien in der GKV im Jahr 2020 auf mehr als 150 Millionen Euro geschätzt werden. Das ist ein drastischer Anstieg von 27 Millionen € im Jahr 2017, 73,5 Millionen € im Jahr 2018 und 123 Millionen € im Jahr 2019.

Bei der BKK Mobil Oil sind seit 2017 mehr als 1.000 Anträge auf Kostenübernahme eingegangen, teilte das Unternehmen mit. Zu den genehmigten Anträgen im Zeitraum 2017 bis Oktober 2019 gehörten 27 % zur Behandlung chronischer Schmerzen, davon 7 % wegen Rückenschmerzen, 6 % wegen Spastik und 5 % wegen Polyneuropathie.

Das „erstaunlichste Ergebnis“ sei, dass 62 % der Leistungsausgaben im Jahr 2019 auf unverarbeitete Cannabisblüten entfielen.

zum Report: Cannabis Report 2020