Razzia bei Supermarktkette rückt Herausforderungen in Deutschland in den Fokus

Die Polizei im bayerischen Rosenheim hat letzte Woche eine Razzia in einem Lidl-Supermarkt durchgeführt. Dabei wurden THC- und CBD-freie Lebensmittel aus Industriehanf beschlagnahmt, woraufhin die internationale Lebensmittelkette, die sich in deutschem Besitz befindet, den Verkauf einstellte.

Lidl hatte für eine Reihe von 21 Produkten wie „Cannabis-Kekse“, „Cannabis-Energydrinks“ und „Hasch-Brownies“ geworben und damit offenbar die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich gezogen, so die Abend Zeitung, die zuerst über die Razzia berichtete. Lidl bestätigte den Vorfall gegenüber dem Bundesverband der deutschen Cannabiswirtschaft (BvCW), der die Polizeiaktion kritisierte.

„Es ist ein positives Signal, dass ein großer Discounter Interesse an Hanflebensmitteln zeigt“, sagte Marijn Roersch van der Hoogte, Vizepräsident und Abteilungskoordinator für Industriehanf und Lebensmittel beim BvCW.

Übermäßig restriktiv

„Aber die Tatsache, dass es nach 25 Jahren zunehmend Kontrollen und Repressalien gegen Lebensmittellieferanten für harmlose Hanfprodukte gibt, zeigt deutlich, dass Polizei und Staatsanwaltschaft die bestehenden Gesetze ohne Not immer restriktiver auslegen“, so Roersch van der Hoogte.

Die Polizei teilte mit, dass die beschlagnahmten Produkte in einem Labor des Landeskriminalamtes in München untersucht werden, was mehrere Wochen dauern kann. Der Discounter hat das Sortiment offenbar vorerst aus den Regalen genommen, aber es ist unklar, ob die Entfernung deutschlandweit gilt. Lidl soll im Rahmen eines Deals mit einem Lieferanten rund 1,5 Millionen Stück der Produkte beschafft haben.

„Diese Maßnahmen atmen noch den Geist einer längst überholten Verbotspolitik“, sagte Roersch van der Hoogte. „Steuergelder werden verschwendet und die heimische Wirtschaft geschädigt.“

Der Konflikt wächst

Deutsche CBD-Verkäufer sind wiederholt ins Visier der örtlichen Polizei geraten – vor allem in Bayern – und müssen oft mit Strafanzeigen rechnen. Doch die Beschlagnahmung von Produkten, die kein CBD und kein THC enthalten, verschärft den Konflikt zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Hanflebensmittelherstellern.

„In den letzten zwei Jahren haben wir eine unvorstellbare Willkür der Behörden erlebt, wenn es um Hanf- und CBD-Produkte geht“, sagt Daniel Kruse, Geschäftsführer der Hempro International GmbH, die im vergangenen Jahr erfolgreich gegen die Stadt Düsseldorf geklagt hat, was zur Aufhebung eines Verbots für die Vermarktung und den Verkauf von Produkten mit CBD in natürlicher Extraktform führte.

„Das betrifft zum Teil ganz Europa, aber Deutschland ist in dieser Hinsicht trauriger Spitzenreiter“, so Kruse, der auch Präsident der European Industrial Hemp Association ist.

„Es bedarf dringend einer wissenschaftlich fundierten Vorgehensweise bei der Entwicklung von Richtlinien und Grenzwerten für THC in Lebensmitteln und der Nutzhanf sollte aus dem BtMG gestrichen werden“, so Kruse.

Gesetzgebung notwendig

Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des BvCW, bezeichnete das harte Durchgreifen der regionalen Behörden als „unverhältnismäßig und überflüssig“.

„Es zeigt deutlich, dass eine Klärung auf gesetzlicher Ebene notwendig ist“, so Neumeyer.

„Unser Ziel ist klar: Industriehanf muss endlich raus aus dem Betäubungsmittelgesetz“, so Neumeyer weiter. „Es ist gut, dass die Bundestagswahl bald ansteht.“

Der BvCW erklärte, dass er derzeit die politischen Parteien in Deutschland zu einem breiten Spektrum von Themen befragt, die Cannabis betreffen, darunter Finanzierung, Forschung, Betäubungsmittelgesetz, CBD, medizinisches Cannabis und Handel.