Die Europäische Kommission hat ihre vorläufige Einschätzung zu CBD revidiert und erklärt, dass es sich bei der Substanz nicht um ein Betäubungsmittel handelt. Die Kehrtwende kommt im Zuge eines Urteils, in dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied, dass CBD nicht als Betäubungsmittel klassifiziert werden kann, und dass CBD-Produkte den gleichen freien Warenverkehr zwischen und unter den Mitgliedsstaaten genießen sollten wie andere legale Produkte. CBD „kann als Lebensmittel eingestuft werden“, erklärte die Europäische Kommission in einem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben.
Daniel Kruse, Präsident der European Industrial Hemp Association (EIHA), kommentierte die Kehrtwende der EU-Kommission am selben Tag, an dem die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen Cannabis wieder in die Liste aufgenommen hat: „Die zweite Entscheidung dieser Woche ist sogar noch wichtiger für die Hanfindustrie.“
Der Brief der Kommission
Der Brief vom Mittwoch wurde an die EIHA Project GmbH geschickt, ein Konsortium, das von der EIHA gegründet wurde, um ihre Mitglieder zu unterstützen, die CBD produzieren und verkaufen.
In dem Brief sagte die Kommission: „In Anbetracht der Stellungnahmen der Antragsteller und des jüngsten Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache C-663/184 hat die Kommission ihre vorläufige Bewertung überprüft und kommt zu dem Schluss, dass Cannabidiol nicht als Droge im Sinne des Einheits-Übereinkommens der Vereinten Nationen über Suchtstoffe von 1961 angesehen werden sollte, da es keine psychoaktive Wirkung habe. Folglich kann Cannabidiol als Lebensmittel eingestuft werden, vorausgesetzt, dass auch die anderen Bedingungen des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfüllt seien.“
Das „Novel Food“-Konsortium der EIHA hat sich zum Ziel gesetzt, den Weg für Hanf-Lebensmittel und -Extrakte – einschließlich CBD – in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union freizumachen, indem es Sicherheitsstandards für neuartige Lebensmittel (novel foods) erfüllt. Der Verband hat das Konsortium gegründet, um die Kosten des Zulassungsverfahrens für neuartige Lebensmittel für seine Mitglieder zu reduzieren.
„Jetzt, da CBD als Lebensmittel klassifiziert ist, sind wir mit unseren Novel-Food-Anträgen des EIHA-Konsortiums perfekt aufgestellt, um CBD als Novel Food zuzulassen“, sagte Lorenza Romanese, Geschäftsführerin der EIHA. „Wir werden endlich Sicherheitsstandards und Bewertungen für unsere wachsende Industrie erreichen.
Das Konsortium hat Anträge für Novel Food gestellt, die durch die frühere „vorläufige Bewertung“ der Europäischen Kommission, die CBD als Betäubungsmittel einstufte, aufgehalten wurden. Mit der Umkehrung dieser Position können die Anträge des Konsortiums nun vorankommen, heißt es in dem Brief: „Wir informieren Sie hiermit, dass die Überprüfung der Gültigkeit Ihres Antrags wieder aufgenommen wird“, schrieb Bruno Gautrais, Referatsleiter in der Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, an Antonio Conto vom Konsortium der EIHA Project GmbH.
Die EIHA teilte in einer E-Mail an ihre Mitglieder mit, dass das Konsortium mit toxikologischen und anderen Tests fortfahren würde, um die Sicherheit von CBD wissenschaftlich nazuweisen.
„Die Entscheidung der EU-Kommission ist bahnbrechend für unsere Industrie“, sagte Kruse an einem Tag, an dem zwei historische Entwicklungen die Cannabisindustrie voranbrachten. „Als Präsident der EIHA und als Pionier der Hanfindustrie seit 26 Jahren möchte ich sowohl der UN als auch der EU-Kommission meinen aufrichtigen Dank für diese großartigen Weihnachtsgeschenke aussprechen“, so Kruse.
Chaos abgewendet
Die Kommission hatte im vergangenen Sommer vorläufig festgestellt, dass nicht-medizinisches CBD und andere natürliche Hanfextrakte aus Hanfblüten – die häufig in Hanfnahrungsmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika enthalten sind – in der EU als Betäubungsmittel angesehen werden sollten. Aber die jüngste Entscheidung des EuGh, dass CBD kein Betäubungsmittel sei, ist für die EU-Institutionen einschließlich der Kommission bindend. Hanf-Interessenvertrete*innen hatten ein Chaos für den Sektor befürchtet, wenn die Kommission nicht dazu bewegt worden wäre, ihre Position zu ändern.
Abgesehen von der Auswirkung auf den Zulassungsprozess für neuartige Lebensmittel schafft die Kehrtwende der EU-Kommission in Bezug auf CBD die Voraussetzungen für eine Klärung der nationalen Gesetze und Vorschriften, die CBD betreffen, wo dies notwendig ist, für eine breitere Akzeptanz von CBD auf dem Markt, die zu einem potenziell schnellen Wachstum führt, und für weitere Investitionen in den Sektor. CBD-Produkte sind in Europa seit Jahren leicht erhältlich, aber unklare Regeln haben einigen Ladenbesitzer*innen und Produzent*innen in vielen Ländern Probleme bei der Rechtsdurchsetzung bereitet. Mutige Unternehmer*innen investieren in Europa schon lange in CBD, aber mit grundlegenden Regulierungen könnten nun noch mehr dazu geneigt sein, dies zu tun.